Gott ist seinem Volk treu – online-Andacht zum Israelsonntag (16.8.2020)

 

Die Tür hat gehalten

 

110 cm breit. 209 cm hoch. Eichenholz.

Diese Tür hat es zu Berühmtheit gebracht.

Es ist die Tür zur Synagoge in Halle an der Saale:

 

Im letzten Jahr, am 9. Oktober, wurde diese Tür berühmt,

weil sie standgehalten hat.

Ein Attentäter wollte in die Synagoge eindringen.

Er wollte möglichst viele Juden töten;

das war sein Ziel.

 

Doch die Tür hinderte ihn daran.

Sie hielt den Schüssen stand

und rettete 51 Menschen das Leben,

die zu diesem Zeitpunkt den Jom Kippur feierten.

 

Wie gut, dass diese Tür gehalten hat!

 

Gott sei Dank.

 

Vor zwei Wochen wurde sie ausgetauscht.

Die neue Tür ist noch stabiler, noch robuster,

weil der Anschlag gezeigt hat,

wie wichtig das ist.

 

Die alte Tür, die so vielen Menschen das Leben gerettet hat,

wird aufgehoben.

Sie erinnert an das Wunder von Jom Kippur,

an die Bewahrung der jüdischen Gemeinde in Halle.

 

Lied: Ose shalom bimromav / Der Friede gibt in den Höh‘n

 

Wann braucht es keine Türen mehr?

 

Ich bin dankbar, dass die Tür standgehalten hat!

 

Ausmalen, was gewesen wäre,

wenn sie nachgegeben,

wenn der Attentäter sein Ziel erreicht hätte,

das möchte ich gar nicht.

 

Ja:

Ich freue mich darüber,

dass diese Tür am 9. Oktober standgehalten hat -

mit den Menschen,

die dort in ihrer Synagoge Gottesdienst feiern.

 

Aber diese Freude ist nicht ungetrübt.

 

Ich denke:

Wie oft haben Türen nicht gehalten,

boten keinen Schutz.

Damals, 1938, als die Synagogen brannten.

Damals, als jüdische Familien aus ihren Wohnungen geholt,

verschleppt und ermordet wurden.

 

Und ich denke:

Es ist eine Schande,

dass heute, 80 Jahre später, Sicherheitstüren nötig sind,

damit Juden Gottesdienst feiern können.

Es ist eine Schande,

dass Synagogen Polizeischutz brauchen.

Es ist eine Schande,

dass Antisemitismus und Rassismus in unserem Land aufleben.

Nicht nur der Anschlag von Halle hat es in den letzten Monaten gezeigt.

 

Uns Christen kann das nicht kalt lassen.

An diesem Wochenende ist Israelsonntag.

Dieser Sonntag erinnert uns daran,

wo wir her kommen.

Er erinnert uns an unsere jüdischen Wurzeln,

an unsere Verbundenheit mit unseren jüdischen Geschwistern.

 

Heute ist das so -

aber lange Zeit blieben Christen blind und taub,

wollten nicht verstehen,

was Paulus schon im Römerbrief schreibt:

Gott hat sein Volk nicht verstoßen;

ER ist Israel treu.

 

Gut, wenn wir es heute verstehen.

Dann können wir beten -

mit dem Lied,

das wir gerade gehört haben.

Es ist aus einem jüdischen Gebet,

dem Kaddisch:

 

Der Frieden gibt in den Höh‘n,

schaffe Frieden für uns alle

und für ganz Israel.

 

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag.

Und denen, die schon am Samstag reinschauen:

Schabbat Schalom.