Lazarus, komm heraus!

 

So gesprochen stelle ich es mir vor. Ein schnörkelloser 3-Wort-Satz, streng, fast zornig.

Gerufen vor dem Grab des Freundes, der schon 4 Tage tot ist.

Und das Unglaubliche geschieht: Lazarus kommt wieder ins Leben.

Das ist der Zielpunkt der Geschichte vom auferweckten Lazarus.

 

Es ist eine bekannte biblische Geschichte aus dem Johannesevangelium:

Lazarus ist erkrankt; seine Schwestern lassen das Jesus wissen.

Jesus lässt sich Zeit und Lazarus stirbt.

Es werden Begegnungen und Gespräche erzählt; davon, dass Jesus mit den Geschwistern Maria, Martha und Lazarus befreundet ist. Und wie im Gespräch zwischen ihnen um Verständnis gerungen wird: „Herr“, sagte Martha zu Jesus, „wenn du hier gewesen wärst, wäre mein Bruder nicht gestorben. ...“

„Dein Bruder wird auferstehen“ gab Jesus zur Antwort.

„Ich weiß dass er auferstehen wird“, erwiderte Martha, „Das wird an jenem letzten Tag geschehen, bei er Auferstehung der Toten.“

Da sagte Jesus zu ihr: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.und wer lebt und an mich glaubt wird niemals sterben.“

Martha spricht von jenem „letzten Tag..“ und damit von einer fernen Zukunft

Jesus holt sie in die Gegenwart, wenn er sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.

Aber die Bibel erzählt auch, dass ihn Zorn und Schmerz erfüllen; dass er im Innersten erschüttert ist, als er nach dem Weg zum Grab fragt.

 

Ich lese weiter aus dem Johannes-Evangelium:

Während Jesus zum Grab ging erfüllten ihn von neuem Zorn und Schmerz. Lazarus lag in einem Höhlengrab, dessen Eingang mit einem großen Stein verschlossen war. „Wälzt den Stein weg!“ befahl Jesus. „Herr, wandte Martha ein, die Schwester des Verstorbenen ein, „er ist doch schon vier Tage tot; der Leichnam riecht schon.“ Aber Jesus sagte zu ihr: „Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen?“

Man nahm nun den Stein vom Eingang weg. Jesus richtete den Blick zum Himmel und sagte: „Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. Ich weiß, dass du mich immer erhörst. Aber wegen all der Menschen die hier stehen, spreche ich es aus; ich möchte, dass sie glauben, dass du mich gesandt hast.“ Danach rief er mit lauter Stimme: „Lazarus, komm heraus!“ Der Tote trat heraus, Füße und Hände mit Grabbinden umwickelt und das Gesicht mit einem Tuch verhüllt. „Befreit ihn von den Tüchern und lasst ihn gehen !“ befahl Jesus den Umstehenden.

 

Jesus reagiert menschlich, er ist zornig, dass der Tod diese Macht über den Menschen hat, und er ist traurig, einen Freund an ihn verloren zu haben. Er nimmt Anteil an der Trauer der Schwestern.

Erst danach ermöglicht sein tiefes Vertrauen auf Gott, den er Vater nennt, Lazarus Rückkehr ins Leben.

 

 

Der Tod begleitet unser Leben: unmittelbar und unerträglich schmerzhaft, wenn es einen nahen, geliebten Menschen trifft oder mit Abstand und trotzdem verstörend: der Tod der 5 Kinder in Solingen vor 4 Wochen, das Sterben auf dem Mittelmeer; als Bild im Gedächtnis geblieben: der 3-jährige Aylan Kurdi, der tot an den Strand gespült wurde.

 

Nach menschlichem Ermessen gibt es nur begrenzte Möglichkeiten mit dem Tod fertig zu werden: wir können den Kopf in den Sand stecken und vage hoffen, dass für uns und unsere Lieben alles irgendwie gut geht. Oder wir verfallen in Verzweiflung oder in stumpfe Gleichgültigkeit .

 

Diese Begrenztheit macht Jesus Christus weit:

er ist zornig, er ist traurig, er nimmt Anteil.

Dann ruft er den Toten im Vertrauen auf Gott ins Leben.

Er ruft „Komm heraus!“ Ich höre auch: Komm heraus aus deiner Höhle der Selbstverkrümmung, der Einigelung und Nabelschau.

Ich höre auch: „Wach auf!“ „Komm ins Leben!“

Das ruft er Ihnen zu, mir, jedem von uns.

Er ruft in ein neues Leben. Das ist meine Hoffnung.

 

Gebet:

Auferstandener Christus,

wir wünschten,

dass vieles anders wird

in unserem Leben

und in unserer Welt.

Zugleich hängen wir an dem Gewohnten,

und möchten möglichst auf nichts verzichten.

 

Nimm uns unberechtigte Ängste.

Lass uns im Bündnis mit anderen Menschen

Mut zu Veränderungen finden

und im Teilen, in der Gemeinsamkeit neues Leben entdecken.

Du schenkst uns erfülltes Leben

und richtest uns auf deine Zukunft aus.

Amen

 

 

Nächste Woche feiern wir Erntedank.

Pfarrer Martin Schell lädt Sie herzlich ein, mitzufeiern.

 

Bleiben Sie bis dahin behütet und guten Mutes,

ich bin Uta Rode