„Ganz Ohr“ – Andacht zu Sexagesimae 2021

„Nur Worte?“

Ich begrüße Sie zur online-Andacht. Ich hoffe, Ihr seid ganz Ohr. Denn heute geht es ums Wort.

Mit fallen da direkt einige Missverständnisse ein. Damit fange ich an:

Missverständnis Nr. 1: „Nicht das Wort zählt, sondern die Tat. Es kommt nicht aufs Reden an, sondern aufs Handeln.“

Aber stimmt das?

Meine Meinung: Nein. Auch Worte bewirken, bewegen etwas. Wenn zwei Menschen einander sagen: „Ich liebe dich!“, dann schaffen diese drei Wort eine neue Wirklichkeit. „I have a dream!“ Mit diesen Worten hat Martin Luther King die Welt verändert.

Und – kein Zufall: Bei Gott ist das auch so. Am Anfang hat er die Welt ins Leben gerufen. „Und Gott sprach: Es werde Licht!“ So fängt alles an.

Missverständnis Nr. 2: „Wir sind Menschen aus Fleisch und Blutund deshalb funktionieren wir auch wortlos.“ Da ist etwas dran: Es gibt Momente, da sagt eine Geste alles.

Aber das macht unsere Worte nicht überflüssig. Ganz im Gegenteil! Wir Menschen sind Wortwesen, wir wollen uns mitteilen.

Und – kein Zufall: Bei Gott ist das auch so. Der spricht uns an. Und mit Jesus Christus will er bei uns ankommen. „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns.“ So versteht das Johannesevangelium sein zur-Welt-Kommen.

Missverständnis Nr. 3: „Es wird ja so viel geredet, geschrieben, gechattet und getwittert. Irgendwann ist es auch mal gut…“ In der Tat: Geredet wird viel. Jeder von uns spricht 16.000 Wörter am Tag, ganz gleich ob Mann oder Frau.

Aber – es gibt da einen Unterschied zwischen WÖRTERN und WORTEN. Wörter plätschern oft dahin, bleiben belanglos. Wörter kann ich am Computer zählen – mit word. Aber WORTE sind etwas ganz anderes: Das merke ich, wenn ich ganz Ohr bin. Worte plätschern nicht an mir vorbei, sondern treffen mich, verändern mich.

Und – auch kein Zufall: Wenn ich die gedruckten Wörter der Bibel lese, wenn ich diese Wörter gelesen höre, wenn sie mich so ansprechen, dann werden sie Wort, Wort Gottes. Und das „mache“ nicht ich, das macht Gottes Geist.

Wir sind zusammen im Namen Gottes

So sind wir zusammen - an unterschiedlichen Orten, zu unterschiedlichen Zeiten. Wir hören auf Gottes Wort. Und das verbindet uns:

„Wort, das lebt und spricht, wo die Wörter schweigen,
Wort, das wächst und blüht, wo die Sprüche welken:
Komm durchs Buch der Bücher, das in allen Sprachen
Hoffnung in die Welt bringt.“

Lied „Wort das lebt und spricht“

Das Gleichnis vom Sämann

An diesem Wochenende ist der Sonntag Sexagesimae. Weihnachten liegt jetzt hinter uns, ungefähr 60 Tage sind es bis Ostern. Es ist „Vorfastenzeit.“

Die Tücher am Altar und am Lesepult sind grün - die Farbe der aufgehenden Saat, sagt man. Und besser könnte es nicht passen für diese Andacht, denn im Bibeltext geht es um einen Bauern, der Samen aufs Land streut.

Lesung Lk 8, 4-8

Wahrscheinlich fragen sich einige: Was macht der da?!

Aber dieser Bauer macht alles richtig: Heute wird das Feld gepflügt, bevor ausgesät wird. Früher war das andersrum: Erst wurde gesät, dann wurde die Saat eingepflügt - natürlich nicht so tief wie heute.

Der Weg ist deshalb kein asphaltierter Feldweg, wie wir ihn kennen, sondern ein Trampelpfad auf dem Feld. Gesät wird auch dort, wo es steinig ist und Unkraut wächst. Danach wird gepflügt.

Was alle kennen, was die meisten selbst machen, wird bei Jesus nun zu einer Höranleitung: So ist das auch mit dem Wort Gottes. So ist das, wenn Gott zu uns spricht:

Nicht jedes Wort schlägt Wurzeln. Manche sind wie flüchtige Gedanken. Nicht jedes Wort findet in meinem Leben Resonanz. Da fehlt die Kraft, die Konsequenz. Und manchmal wächst das, was mich gerade hier in diesem Leben beschäftigt, was für mich gerade dran ist, schneller.

Das Gute: Gott weiß das.

Er weiß: In unserem Leben gibt es Wege, Steine und Dornen. Und deshalb spart er nicht, er sät er reichlich.

Deshalb bleibt der Ertrag nicht aus, wo Gottes Wort in unser Leben fällt. 100fach – sagt Jesus.

Für den Bauern zu seiner Zeit war das 8fache ein guter Ertrag. Heute schafft man das 40fache, wenn alles gut geht.

100fach: Wenn Gott zu uns spricht, dann wirkt sein Wort, es bewegt etwas in unserem Leben, es bringt Frucht.

Gebet, Vaterunser und Segen

Gott,
du suchst uns mit deinem Wort,
wir wollen uns von dir finden lassen.

Du hüllst uns ein in deinen Trost,
wir wollen uns bei dir fallen lassen.

Du sprichst uns deine Liebe zu,
wir wollen uns von dir stärken lassen.

Du weist uns zurecht,
wir wollen uns von dir ändern lassen.

Rede, Gott,
wir wollen hören,

damit Dein Wort Frucht bringt.

Amen.

Stille – Überleitung Vaterunser

Vater unser im Himmel.

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Ankündigung

Am nächsten Wochenende wird Benjamin Meister, unser Pfarrer im Probedienst, die online-Andacht gestalten. Schaut gerne wieder rein - und bis dahin bleibt gesund und behütet.

Segen