11. Juli 2021 - Benjamin Meister

Der 6. Sonntag nach Trinitatis erinnert an den Auftrag Jesu, Menschen zu taufen, und erinnert uns an das Geschenk, das am Beginn des Lebens von uns Christinnen und Christen steht:

Jesu Leben, Sterben und Auferstehen gilt mir, mein Leben ist vor Gott etwas wert und es ist gut, und zwar so wie es ist.

Die Taufe ist das Zeichen für die bedingungslose Annahme, Zuwendung und Liebe Gottes, die uns und allen Menschen zugesagt ist von Beginn an.

Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen;

du bist mein! (Jes 43, 1)

Amen

 

Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen

 

Wenn es auf einen Abschied zu geht, musst du die richtigen Worte treffen, was du jetzt nicht mehr los wirst, das bleibt ungesagt.

 

Die Situation in unserem heutigen Predigttext ist eine Abschieds-Szene. Es ist das letzte Mal, dass Jesus zu seinen Jüngern, zu seinen Freunden spricht. Er, der mit Worten so viel mehr bewegen und erreichen konnte, als alle Mächtigen auf der Welt zusammen, kann nicht einfach sang- und klanglos von ihnen gehen.

 

 Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte. Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten.

Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

 

Eine beeindruckende Szene hoch oben auf dem Berg, auf dem Gipfel der Ereignisse - nach Kreuzigung und der Botschaft von der Auferstehung.

Die Jünger kommen auf einen Berg in Galiläa zusammen. Von jenen Frauen geschickt, die den Auferstandenen an seinem Grab gesehen haben.

 

Im Norden Israels befindet sich der Berg, dort wo Jesus aufgewachsen war, wo er seine Freunde und Anhänger aufgelesen hat. Dorthin kehren sie zurück, weil ihnen die Frauen so etwas Unglaubliches erzählten; weil sie behaupteten, den Toten lebendig gesehen zu haben. Und er, der Auferstandene, habe ihnen, den Jüngern, mitteilen lassen, sie sollen ihn auf dem Berg in Galiläa treffen.

 

Eigentlich kein Wunder, wenn ihnen Zweifel kommen.

 

Es ist eher ein Wunder, dass sie sich trotzdem auf den Weg machen. Dass sie es trotzdem ausprobieren, ob sich ihre Sehnsucht nach einem Wiedersehen mit ihrem geliebten Freund, Weggefährten und Lehrer erfüllen wird.

 

Und endlich stehen sie sich gegenüber: Jesus, der Auferstandene auf der einen Seite, die Jünger auf der anderen.

 

Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten.

 

Es hat sich also nicht sehr viel verändert. Die Mannschaft der Jünger ist auch weiterhin ein gemischter Haufen. Mit starken und kleinen Glauben, mit Zweifeln und unendlich vielen Fragen.

 

Aber ihnen allen gibt Jesus seine Worte, seine Abschiedsworte mit auf den Weg. Allen - denen die zweifeln und denen, die glauben.

 

Jesus geht auf sie zu und sagt entscheidende Worte. Er gibt den Verunsicherten eine Wegweisung, erteilt den Fragenden einen klaren Auftrag, schenkt den Zweifelnden eine neue Aussicht. Und jenen, deren Herzen brennen, weil sie einfach nur glücklich sind wieder in Jesu Gegenwart zu sein - ihnen schenkt er sein Zutrauen.

 

[…] gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

 

Mit allen Jüngern gleichermaßen teilt er seine Vollmacht.

 

Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin […].

 

Er gibt ihnen Kraft und Stärke mit seinem Auftrag. Sie sollen hingehen und Menschen im Namen Gottes zu lehren und zu taufen. Hinunter in die Täler und Tiefen des Alltags. Sie sollen erzählen von dem, was sie erlebt, erfahren, durchdacht und immer wieder bezweifelt haben, und was das alles in ihnen ausgelöst hat.

 

Sie sollen aufstehen und hineingehen in die Welt. Sie sollen die Menschen unterrichten, ihnen vom Glauben erzählen, von einem Gott, der ihnen hautnah begegnet. Von einem Gott, der bei ihnen ist, egal in welcher Situation sie gerade leben, was sie belastet, ablenkt oder sie zweifeln lässt.

 

Die Jünger sollen ihre Mitmenschen zu Jüngern und Jüngerinnen machen. Die Lehrlinge in Sachen Glaube sollen alle Völker in die Lehre bringen. Niemand soll ausgeschlossen werden. Allen gilt die gute Botschaft vom Frieden und von der Liebe Gottes.

 

Und sie sollen die Menschen Taufen. Die Taufe - das Zeichen für die bedingungslose Annahme, Zuwendung und Liebe Gottes. Sie sollen mit der Taufe die Menschen an Körper, Geist und Seele berühren und sie daran erinnern, dass er, der diese Welt ins Leben rief, bei ihnen ist.

 

Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Die Jünger sind nicht auf dem Berg, auf dem Gipfel stehen geblieben - sonst säßen wir heute nicht hier. Jesu Abschiedsworte haben ihnen einen Schubs gegeben und ihnen den Weg in die richtige Richtung gezeigt.

 

Jesu Abschiedsworte gelten aber nicht nur seinen Jüngern.

Diese Worte sind auch an uns gerichtet.

 

An uns alle. Und ganz besonders an die, die wir getauft sind. Denn mit der Taufe sind wir alle Jüngerinnen und Jünger Jesu, oder spätestens mit der Konfirmation. Dann ist nämlich der Auftrag von Taufe und Lehre erfüllt.

 

Und das heißt: Auch wir sollen nicht stehen bleiben, sondern uns aufmachen. Erzählen von dem, was wir mit Gott und unserem Glauben erlebt, erfahren, durchdacht und auch immer wieder bezweifelt haben. Erzählen von dem, was der Glaube in uns auslöst.

 

Der eine oder die andere mag jetzt denken: Du hast gut reden.

 

Sein Auftrag ist doch eine ziemliche Zumutung.

 

Er verlangt von uns, dass wir unsere Komfortzone verlassen und Stellung beziehen.

Dass wir uns mit unserem Glauben auseinandersetzen und uns den Blicken und Fragen anderer aussetzen, wenn wir von unserem Glauben erzählen.

 

Zugleich steckt aber in diesem Auftrag ein ungeheures Zutrauen. Gott traut uns genau das zu.

 

Seid mutig. Macht euch auf den Weg. Geht hinunter in die Täler und Tiefen des Alltags und erzählt den Menschen von mir. Trau dich.

 

Und bei all der Zumutung und dem Zutrauen, belässt Gott es nicht. Er weiß, was er von uns verlangt und wie viel Kraft und Überwindung es uns kostet. Darum gibt er uns seine Zusage, dass egal wohin wir gehen, egal wem wir begegnen und womit wir uns auseinandersetzen müssen - er uns nicht von der Seite weicht.

 

Christus ist mittendrin dabei, wenn wir als Getaufte vom Glauben reden, wenn wir Nächstenliebe praktizieren, wenn wir zusammen sind, um Gottesdienst zu feiern.

 

Wir stehen wie die Jünger auf dem Berg, auf dem Gipfel - Gott schenkt uns einen weiten Ausblick. Er mutet und traut uns etwas zu. Er schenkt uns die Freiheit mit Gelassenheit auf andere zuzugehen, und seine Zusage, dass er uns dabei nie im Stich lässt.

Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Amen

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, er bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserm Herrn, zum ewigen Leben.

Amen